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«Take Care»: ein Projekt der ZHAW zur Prävention
Prof. Dr. Frank Wieber vom Institut für Public Health und Simone Rössler, wissenschaftliche Mitarbeiterin der ZHAW, fassen im nachfolgenden Text ihr Referat an der VSKZ-Sektionsversammlung vom 16.3.2023 zum Projekt «Take Care - ein Projekt der ZHAW zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen – Prävention im Bereich Schulpsychologie und Anwendungsmöglichkeiten» zusammen.
Immer mehr Kinder und Jugendliche in der Schweiz sind psychisch belastet (Barrense-Dias, Chok & Surís, 2021). Die Coronapandemie hat die Lage zusätzlich verschärft (Schmid et al., 2021). Wir befinden uns aktuell in einer «Multikrise». Wir erleben, dass Krisen nicht mehr, wie während der letzten Jahrzehnte, nacheinander stattfinden, sondern dass sie sich überlappen (Coronapandemie, Ukraine-Krieg, drohende Energiekrise). Hinzu kommt die ungenügende psychotherapeutische Versorgungslage im Kindes- und Jugendbereich. Bezugspersonen, wie Lehrpersonen oder Eltern, aber auch Fachpersonen der psychologischen und psychiatrischen Gesundheitsversorgung sind stark gefordert. Die Prävention von psychischen Erkrankungen ist in dieser Situation wichtiger denn je (Wieber, Zysset & von Wyl, 2022).
Im Projekt «Take Care» wurden von der ZHAW Materialien zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ausgearbeitet (www.zhaw.ch/takecare). Die einzelnen Broschüren gewährleisten einen niederschwelligen Zugang zum Thema. Sie richten sich an ärztliche Fachpersonen, Eltern oder Jugendliche und sind in nachfolgender Tabelle 1 gelistet. Neu wird im laufenden Projekt «Take Care in der Schule» der Lern- und Lebensraum Schule erschlossen. Lehrpersonen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie sind, nebst Eltern, meist wichtigste Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen und agieren im Schulumfeld als Multiplikatoren. Im Rahmen der von der ZHAW durchgeführten «MHL-T Studie zur psychischen Gesundheitskompetenz von Lehr- und Betreuungspersonen» wurde ersichtlich, dass es Lehrpersonen an konkreten Tools, Unterlagen und Unterrichtsmaterialien zur Förderung der psychischen Gesundheit ihrer Schüler:innen fehlt (Robin et al., 2021). Hier setzt das Projekt «Take Care in der Schule» an. Lehrpersonen der Zyklen 1-3 werden kompakte, einfach anwendbare und didaktisch hochwertige Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt, bestehend aus einzelnen Übungen, pfannenfertigen Unterrichtseinheiten und prägnanten Fachinformationen. Die bereits durchgeführten Testungen der Pilot-Materialien zu den Themen «Stress» und «Selbstwirksamkeit» offenbarten eine sehr hohe Nachfrage seitens der Lehrpersonen. Gewünscht werden möglichst konkrete und individualisierte Unterlagen, die direkt eingesetzt werden können. Im Rahmen unserer Referate- und Workshoptätigkeit an Schulen (Zielgruppen: schulische Fachpersonen, Eltern) wird immer wieder ersichtlich, dass nebst der Gesundheit von Schüler:innen ebenfalls die der Lehrpersonen ein wichtiges Thema zu sein scheint. Auch bei den Eltern, die unsere Referate besuchen, ist das Bedürfnis nach Informationsvermittlung und konkreten Anregungen gross.
Die nachfolgende Liste enthält eine Auswahl an empfehlenswerten Ressourcen zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen – Materialien der ZHAW und weitere Ressourcen.
Vergangenen Herbst wurden im Forum für Schulpsychologie konkrete Handlungsideen erarbeitet, wie Schulpsycholog:innen die psychische Gesundheit von Schüler:innen mithilfe wichtiger Bezugspersonen fördern können. Basis der Handlungsideen bildete die «ZHAW-Broschüre für Eltern von 6- bis 12-jährigen Kindern» (siehe Tabelle 1). Diese enthält zehn Schutzfaktoren zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern, wie beispielsweise «Emotionsregulation» oder «Selbstwert».
Nachfolgend werden die erarbeiteten Handlungsideen zusammengefasst.
- Broschüren (oder auch weitere Ressourcen) in Beratungsgespräche einbauen und zwei bis drei konkrete Massnahmen gemeinsam mit Eltern auswählen
- Schüler:innen-Workshops oder Themenwochen anbieten oder mitgestalten
- Eltern-Informationsabende, -kurse oder -workshops anbieten oder mitgestalten
- Broschüren im Elternrat oder der Elterngruppe SPD vorstellen
- Lehrpersonen während obligatorischer Weiterbildung sensibilisieren
- Broschüren auflegen (SPD, Gemeinschaftszentren etc.)
Wichtig scheint, dass Schulpsycholog:innen aktiv den Kontakt zu Eltern und Lehrpersonen suchen, mit ihnen in einen Austausch gelangen und ihnen möglichst konkrete Anregungen zur Förderung der psychischen Gesundheit der Kinder und Jugendlichen offerieren. Ihnen bildlich gesprochen einen «Strauss an Möglichkeiten» offerieren, welche von der Angabe einer empfehlenswerten Internetseite bis hin zur Gestaltung eines Workshops reichen könnten.
Weiter können unterschiedliche Kanäle für den Informationstransport genutzt werden (z.B. sich direkt an Eltern wenden, über Schulleiter:innen, Schulische Heilpädagog:innen oder Schulsozialarbeiter:innen). Auch der Zeithorizont der Massnahmen kann variiert werden, so können Bestrebungen einmalig, wiederholend oder über einen gewissen Zeitraum stattfinden.
Barrense-Dias, Y., Chok, L., Surís, J.C. (2021). A picture of the mental health of adolescents in Switzerland and Liechtenstein. Lausanne, Unisanté – Centre universitaire de médecine générale et santé publique (Raisons de santé 323). https://doi.org/10.16908/issn.1660-7104/323
Robin, D., Messerli, N., Mehdiyeva, R., & Dratva, J. (2021). Psychische Gesundheitskompetenz von Lehr- und Betreuungspersonen. Eine Befragung von Lehr- und Betreuungspersonen im Hinblick auf psychische Belastungen, Störungen und Erkrankungen von Schülerinnen und Schülern (SuS) in Winterthur. Schlussbericht. ZHAW, Institut für Gesundheitswissenschaften. https://doi.org/10.21256/zhaw-23295
Schmidt, S. J., Barblan, L. P., Lory, I., & Landolt, M. A. (2021). Age-related effects of the COVID-19 pandemic on mental health of children and adolescents. European Journal of Psychotraumatology, 12(1), 1901407. https://doi.org/10.1080/20008198.2021.1901407
Wieber, F., Zysset, A., & von Wyl, A. (2022). Kapitel 9 Förderung der psychischen Gesundheit (Grundlagenbericht Jugendliche und junge Erwachsene). Gesundheitsförderung Schweiz. Zugriff am 11.03.23. verfügbar unter: https://gesundheitsfoerderung.ch/node/8253
Prof. Dr. Frank Wieber ist am Institut für Public Health der ZHAW Gesundheit in Winterthur stv. Leiter der Forschung. Er ist spezialisiert auf Projekte im Bereich der Gesundheitsförderung mit Schwerpunkt (Digitale) Gesundheitsverhaltensänderung.
Simone Eveline Rössler ist Wissenschaftliche Assistentin in der Fachgruppe Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie der ZHAW Angewandte Psychologie in Zürich.